Ignaz Heinrich von Wessenberg: Blüthen aus Italien. Wessenbergs Gedichte seiner ersten Italienreise nach der zweiten, sehr vermehrten Auflage von 1820 in moderner Typographie, aber unter Beibehaltung der originalen Orthographie, neu herausgegeben von Jürgen Hoeren und Michael Trenkle. Konstanz 2021. Mit 19 Illustrationen nach zeitgenössischen Stichen. Illustrierter Or.-Kart.
Den kompletten Text der Einleitung von Jürgen Hoeren finden Sie hier
Vor 200 Jahren wurde das Bistum Konstanz aufgelöst
Mit einem kleinen Privatdruck möchten wir an den Schicksalstag des Bistums Konstanz und des Ignaz Heinrich von Wessenberg erinnern. Am 16. August 1821 hat Papst Pius VII. mit der Bulle „Provida solersque“ nicht nur das Bistum Konstanz ausgelöscht, das seit dem Jahr 585 bestand, sondern auch das „Problem Wessenberg“ nach der Art des gordischen Knotens geradezu brachial zu Ende gebracht. In diesem Schreiben heißt es u.a. wörtlich: “Wir unterdrücken, zernichten und vertilgen…mit sicherer Erkenntnis den Titel, den Namen, die Natur, das Wesen und den ganzen gegenwärtigen Bestand der bischöflichen Kirche, samt ihrem Kapitel…“ Es war auf der ganzen Linie eine Degradierung des traditionsreichen Konstanzer Münsters, des Metropolitansitzes, seines Domkapitels und des rechtmäßig zum Bischof gewählten weitblickenden und erfahrenen Seelsorgers I.H. von Wessenberg, der von seinem Klerus sehr geschätzt wurde. Die Konstanzer Bürgerschaft hatte sich mehrmals beim Großherzog eingesetzt, um den Bischofsitz in Konstanz zu retten. Vergeblich!
Im Juli 1817 entschloss sich Wessenberg in den Vatikan zu reisen, um alle Verleumdungen, die gegen ihn aus dem Hinterhalt nach Rom lanciert worden waren, im direkten Gespräch zu widerlegen. Der Konstanzer Domkapitular Karl von Rotberg beschreibt die körperliche Verfassung Wessenbergs vor seiner Abreise nach Rom so: „Herr v. Wessenberg sieht sehr elend, sehr eingefallen im Gesicht aus. Seine Farbe ist Kittfarbe. Er ist älter als alt; seine Glieder hängen nur an ihm; auch geht er ganz gebückt und seine Munterkeit ist dahin.“ Als Wessenberg am 18.Juli 1817 in der ewigen Stadt Rom in Begleitung des Geistlichen Rats Vitus Burg eintraf, wurde er vom amtierenden Österreichischen Botschafter in Rom, Alois Wenzel Fürst von Kaunitz, im Palazzo Doria untergebracht. Zu einer Unterredung mit Papst Pius VII. kam es jedoch nicht. Staatssekretär Ercole Consalvi, den Wessenberg vom Wiener Kongress her kannte, nahm zwar höflich seine schriftlichen Eingaben, die Noten und seine Argumente entgegen, gleichzeitig aber konfrontierte er ihn mit den offiziellen römischen Anschuldigungen. Wessenbergs Bruder Johann Philipp schrieb ihm während seines Romaufenthaltes folgende Zeilen: „Der Himmel stärke dich und gebe dir die nötige Geduld, vor allem aber gräme dich nicht – deinen Freunden ist es gleichgültig, ob du mit einer spitzigen Mütze oder platten Kappe zurückkommst – also denke nicht an die Kappe und handle nach deinem Gewissen – e poi basta – will man Dich nicht habe hören wollen – dem Großherzog wirst du auf diese Art beweisen, daß es nicht an dir gelegen, eine gütliche Ausgleichung zu bewirken. Deine Reputation hat nichts zu riskiren, wenn du auch unverrichteter Sache wieder zurückkommst.“ Über weite Strecken entspann sich ein diplomatisches Scheingefecht, das sich über Wochen hinzog. Wessenberg ließ daher den Kardinalstaatssekretär wissen, daß er sich entschlossen habe, nicht in Rom zu warten, zu grübeln und in Depressionen zu verfallen. Er mache sich auf, um mindestens zwei Wochen lang die Naturschönheiten und Sehenswürdigkeiten Roms sowie Süditaliens zu erkunden. Die Eindrücke dieser Reise finden sich in Gedichtform in seinen „Blüthen aus Italien“. Von den vielen sonstigen Gedichten die Wessenberg verfasste, wurden einige vertont. [Näheres über die Vertonungen, auf der Folgeseite]
Die päpstliche Bulle vom August 1821 besiegelte zwar das Ende des Bistums Konstanz dar, die eigentliche Auflösung zog sich jedoch über einen längeren Zeitraum hin. Die Schweizer Teile waren, durch eigenmächtigen Entschluss des Papstes, bereits im Januar 1815 abgetrennt worden, die bayerischen und österreichischen Gebiete in den Jahren 1817-1821. Das förmliche Ende 1821 führte zu einer Übergangsphase, die sich bis 1827 hinzog. In dieser Zeit sollte ein neuer Bischof für Freiburg gewählt werden. Unter den drei Kandidaten ging Wessenberg als Sieger hervor, er hatte zwei Drittel der Stimmen erhalten. Rom verweigerte jedoch die Anerkennung. Am 21 Oktober 1827 erliess Wessenberg sein letztes Zirkularschreiben und seinen letzten Hirtenbrief, in dem er „mit innig gerührtem Herzen“ Abschied nimmt. Am 28. Oktober 1827 richtete die Geistlichkeit der Stadt Konstanz eine Dankadresse an Heinrich Ignaz von Wessenberg, in der es u.a. heißt: „Ihre Hirtenbriefe waren uns Worte des Lebens, Ihre Verordnungen weise Verfügungen zur Vorbereitung des göttlichen Reiches, Ihre Anstalten Mittel der Beförderung zur Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit, Ihr unbefleckter Wandel das anschauliche Zeugnis Ihres gottesfürchtigen Sinnes und ein leuchtendes Vorbild zur Nachfolge.“
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Was Joseph Ratzinger 1970 von Ignaz Heinrich von Wessenberg hielt
Als der ehemalige Papst Benedikt XVI., 1970 noch als Joseph Ratzinger, Theologieprofessor in Tübingen war, befasste er sich in einem Buch unter dem Titel „Glaube und Zukunft“ auch mit I. H. von Wessenberg. Ratzinger sah „Ähnlichkeiten“ zwischen der Aufklärung und der Gegenwart der Kirche. Der Theologieprofessor wörtlich: „…die siegessichere Gewißheit, dass jetzt nicht mehr nach Tradition, sondern nur noch rational gehandelt werde, überhaupt die Rolle von Worten wie rational, durchschaubar und ähnlichem, das alles ist damals und heute erstaunlich gleich.“
In Anspielung auf Wessenberg schreibt er weiter: “Die Aufklärung hatte ihre liturgische Bewegung, in der man sich um die Vereinfachung der Liturgie auf ihre ursprünglichen Grundstrukturen mühte, Exzesse des Reliquien- und Heiligenkultus beseitigt werden sollten und vor allem die Muttersprache, besonders auch der Volksgesang und die Gemeindebeteiligung, in die Liturgie eingeführt wurden…..sie hatte ihre demokratische Komponente, etwa wenn der Konstanzer Generalvikar Wessenberg demokratische Diözesan- und Provinzialsynoden forderte. Wer seine Werke liest, glaubt einem Progressisten des Jahres 1969 zu begegnen: Die Aufhebung des Zölibats wird verlangt, nur deutsche Sakramentenformeln geduldet, Mischehen unabhängig von der Kindererziehung eingesegnet usf.“
Ratzinger würdigt zwar, dass Wessenberg sich um die Hebung des Niveaus im Religionsunterricht und in den Predigten bemühte, kommt dann aber zu dem Schluss: „Dennoch bleibt der Eindruck seiner Gestalt zwiespältig, weil zu guter Letzt doch nur die Gartenschere der konstruierenden Vernunft am Werk ist, die manches Gute vermag, aber als einziges Gartengerät nicht ausreicht.“
Ratzinger würdigt die Sozialarbeit des I. H. von Wessenberg, doch zeige er „allzu wenig Sinn für das Organische, für das Lebendige, das sich den bloßen Konstruktionen der Vernunft entzieht.“
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Die Konstanzer Altkatholiken und Ignaz Heinrich von Wessenberg
Anders als in der römisch-katholischen Kirche fand Ignaz Heinrich von Wessenberg von Anfang an bei den Altkatholiken in Konstanz, deren Mittelpunkt die ehemalige Jesuitenkirche (heute Christuskirche) ist, große Anerkennung. Die alt-katholische Gemeinde bezeichnete sich sehr bald als „Wessenberg-Gemeinde“, obwohl Wessenberg nie mit dem Gedanken spielte, die römisch-katholische Kirche zu verlassen. Allerdings vertrat Wessenberg – anders als Rom – wesentliche pastorale Anliegen, die für Altkatholiken substantiell waren und bis heute sind: Volkssprache in der Liturgie; Verzicht, Mischehen die Erziehung der Kinder im römisch-katholischen Glauben vorzuschreiben; große Autonomie der Bistümer. Bereits zehn Jahre nach Wessenbergs Tod hatten sich Freunde und Mitstreiter von ihm zusammengeschlossen, um die Erinnerung an ihn wachzuhalten. Besonders zu erwähnen ist der Pfarrer der damaligen alt-katholischen Gemeinde Wilhelm Schirmer (1847-1923). Zum 50. Todestag von Ignaz Heinrich von Wessenberg publizierte er eine 72seitige Schrift unter dem Titel „Ignaz Heinrich von Wessenberg – des Bistums Konstanz letzter Oberhirt“, die noch heute lesenswert ist.
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Interessante Bücher über Ignaz Heinrich von Wessenberg und sein Werk:
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Foege, Lisa. Wessenbergs Herzenskind. Geschichte einer sozialen Fürsorgeinstitution in Konstanz. Konstanz, UVK, 2014. 158 S. Kartoniert. (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz, Bd.17). ISBN 978-3-86764-452-5
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Oettinger, Klaus. Aufrecht und tapfer. Ignaz Heinrich von Wessenberg – ein katholischer AufklärerEssays, Vorträge, Analekten. Konstanz. Konstanz, UVK, 2016. 207 S. Kartoniert. (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz, Bd. 18). ISBN 978-3-86764-723-6
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Wichtige Stationen im Leben des Ignaz Heinrich von Wessenberg
Am 04.11.1774 In Dresden geboren geboren. Der Vater war Konferenzminister und Prinzenerzieher. Er wuchs auf dem Familienstammsitz in Feldkirch i.Br. auf.
In den 1790er Jahren studierte er an den Hochschulen in Dillingen, Würzburg und Wien Theologie und Jura. Sein theologischer Lehrer war u.a. Johann Michael Sailer. 1794 traf er in Würzburg auf Karl Theodor von Dalberg, dem späteren Fürstbischof von Konstanz. 1796 studierte er ein Jahr in Wien.
1798 wird Wessenberg Kanoniker am Konstanzer Münster und sichert sich damit eine Pfründe.
1802 ernennt Fürstbischof von Dalberg Wessenberg zu seinem Generalvikar im Bistum Konstanz.
1812 wird Ignaz Heinrich von Wessenberg im Dom zu Fulda am Grab des Hl. Bonifatius zum Priester geweiht. Gleichzeitig erscheint das erfolgreiche und lang erwartete Konstanzer Gesangbuch von Wessenberg.
1814 nimmt er im Auftrag seines Bischofs am Wiener Kongress teil. Gleichzeitig ernennt von Dalberg Wessenberg zu seinem Coadjutor mit dem Recht auf Nachfolge im Bischofsamt.
1815 wird er von der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg mit einer Ehrenpromotion ausgezeichnet.
1817 Tod des des Fürstbischofs von Dalberg. Wessenberg wird vom Konstanzer Domkapitel zum Bistumsverweser gewählt. Die römische Kurie lehnt die Wahl ab.
Juli 1817 Wessenberg reist mit seinem Berater Dr. Burg nach Rom, um sich vor Papst Pius VII. persönlich zu rechtfertigen. Es kommt zu keiner direkten Begegnung mit dem Papst, für den nur eine bedingungslose Unterwerfung und ein Verzicht Wessenbergs auf den Bischofsstuhl infrage kommt.
16.August 1821 mit der Bulle „Provida solersque“ wird das Bistum Konstanz „unterdrückt, vernichtet und vertigt“. Damit ist das Bistum Konstanz ausgelöscht.
1827 scheidet Wessenberg aus dem kirchlichen Dienst aus. Von jetzt an widmet es sich den Reisen, der Kunst und Literatur. Er schreibt zahlreiche Gedichte und sehr detaillierte Reisebeschreibungen. Mit seinem Vermögen gründet er die Wessenberg-Stiftung, die bis heute existiert und sich vordringlich um soziale und erzieherische Aufgaben engagiert.
Am 9.Juli 1860 stirbt Wessenberg in seinem Domherrenhof gegenüber dem Konstanzer Münster, wo er auch seine letzte Ruhe gefunden hat.
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